Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
zu dem Urteil des Landgerichts Köln
(zur Rechtswidrigkeit der medizinisch nicht indizierten Zirkumzision bei nicht einwilligungsfähigen Knaben) vom 7.5.2012

München 4.7.2012 - Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) nimmt das Urteil des Landgerichts Köln begrüßend zur Kenntnis.

Mit der prinzipiellen Feststellung der Rechtswidrigkeit medizinisch nicht indizierter Beschneidungen bei nicht einwilligungsfähigen Knaben bestätigt das Gericht die von der DGKCH vertretene und viel diskutierte Meinung. In den letzten Jahren wurde von verschiedenen Autoren in mehreren Publikationen hierzu kritisch Stellung genommen, zuletzt 2008 im Deutschen Ärzteblatt (Dtsch Ärztebl 2008; 105(34–35); A 1778–80). Auf Anfrage des Vorstands der DGKCH wurde im gleichen Jahr vom Justitiar des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen e. V. (BDC) von der Durchführung medizinisch nicht indizierter Beschneidungen bei nicht einwilligungsfähigen Knaben abgeraten, da andernfalls ein erhebliches Risiko für den Operateur gegeben sei, sich strafbar zu machen, auch wenn der Eingriff lege artis und ohne Komplikationen durchgeführt werde.

Das nun ergangene Urteil festigt diese Einschätzung und gibt gleichzeitig Rechtssicherheit. Zugleich wird mit dem Urteil das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Kindes unterstrichen. Gerade Kinderchirurgen, die nicht einwilligungsfähige Kinder mit Einwilligung ihrer Eltern operativ behandeln, müssen hier strenge und klare Maßstäbe ansetzen. Nur die elterliche Einwilligung zu einer Operation, die dem Kind nach Abschätzen des Nutzen und des Risikos medizinisch zum Wohle gereicht, ist rechtswirksam. Dieser Sachverhalt ist aber bei der Beschneidung kleiner Knaben ohne Einwilligungsfähigkeit außerhalb der medizinischen Indikation nicht erfüllt.

Dabei geht es in keinem Falle um die Diskriminierung von Religionsgemeinschaften, die die Zirkumzision bei nicht einwilligungsfähigen Knaben regelhaft praktizieren, sondern vielmehr um ärztliche Ethik.

Verfasser:
Univ.-Prof. Dr. med. Maximilian Stehr
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Kinderurologie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Kinderchirurgische Klinik im Dr. v. Haunerschen Kinderspital
Ludwig-Maximilians-Universität München


Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie

Gegründet im Jahr 1963, schafft die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) bis heute Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland. Dazu gehören Neugeborenenchirurgie, allgemeine Kinderchirurgie und Kindertraumatologie ebenso wie Kinderurologie. Die DGKCH vertritt das Fach in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Derzeit praktizieren hierzulande Fachärzte für Kinderchirurgie in mehr als 80 kinderchirurgischen Kliniken und Abteilungen. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurgen. Denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.

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