W. Mothes, erster Präsident der gesamtdeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie, wird 80

Vom Begründer der Kinderchirurgie im Bezirk Schwerin in der ehemaligen DDR, zum ersten Präsidenten der gesamtdeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie. So der weitgespannte Bogen des Erfolgskinderchirurgen. Über vier Jahrzehnte war Winrich Mothes operativ, wissenschaftlich und berufspolitisch tätig, war er Arzt mit Leib und Seele zum Wohle der Kinder.

Als Dr. Mothes die Ausbildung zum Kinderchirurgen begann, war er bereits Facharzt für Chirurgie. Diese fachliche Qualifikation ließ ihn in seiner Eigenschaft als Präsident mit Allgemeinchirurgen über den Sachverhalt der um ihrer selbst willen betriebenen Kinderchirurgie auf Augenhöhe begegnen, kommunizieren und Dialoge führen.

Mothes folgte 1996 Hermann Mildenberger (MH-Hannover) im Amt als Präsident. Damals war vieles im Fluss, wie Frank Höpner in seinem Beitrag „Von Mildenberger zu Mothes“ den Wechsel beschrieb. Unklar zu dieser Zeit war, was z. B. mit der dritten Stufe der Gesundheitsreform auf die Mitglieder zukommt, was die Fallpauschale als Vergütung von Leistungen im Gesundheitssystem für Auswirkungen haben könnte, die, trotz Diskussionen leitender Kinderärzte und Kinderchirurgen schließlich doch als Deckelung verkündet wurde. Auch hatte der neue Präsident die Erarbeitung von Leitlinien fortzuführen und vieles mehr.

Seinem Lebenslauf zu urteilen, hat sich Winrich Mothes nicht auf ein Amt in der Kinderchirurgie vorbereitet, doch als es dies von ihm verlangte, Präsident der DGKCH zu werden, hat er sich voll und ganz dieser Arbeit gewidmet. Die berufspolitische Materie eines solchen Amtes war ihm jedoch nicht ganz fremd, denn seit der Wende arbeitete er in Gremien der Ärztekammer des Landes Mecklenburg-Vorpommern und der Bundesärztekammer, war Gründungsmitglied der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, von 1992 bis 2011 ihr Vizepräsident und ist weiterhin für den Vorstand tätig. Als am 29.08.1990 im Klinikum Steglitz in Berlin die gemeinsame Präsidiumssitzung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und der Gesellschaft für Kinderchirurgie der DDR stattfand, um die neue Satzung der vereinigten beiden Gesellschaften (19.11.1990) zu verabschieden, war sein Rat gefragt.

Dr. Mothes hatte klare Ziele, eines seiner größten, erreichten, zusammen mit dem ersten Präsidenten der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern und späteren Vizepräsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Andreas Crusius, war, dass die Kinderchirurgie eigenes Gebiet in der deutschen Weiterbildungsordnung wurde. Ebenso kam der auf dem Deutschen Ärztetag 1992 eingebrachte Antrag, die Facharztbezeichnung für Kinderchirurgie auch in den Alten Bundesländern einzuführen, aus Mecklenburg-Vorpommern.

Anfang der Siebzigerjahre begann Mothes eine selbständige kinderchirurgische Einrichtung in Schwerin aufzubauen, was auf den Ministerratsbeschluss der DDR 1968/69 zurückging, an allen Universitäten, Akademien und Bezirkskrankenhäusern eine solche zu gründen. Hierbei setzte er auf die Dynamik des Faches, dessen Perspektiven, auf Synergie. Er gestaltete das mit großer Aktivität, bildete kinderchirurgischen Nachwuchs aus, schrieb wissenschaftliche Arbeiten, hielt im In- und Ausland auf Kongressen Fachvorträge, wurde zum Imageträger der Klinik, war sozusagen „das Gesicht der Kinderchirurgie des Bezirks Schwerin“. All das hatte einen fundierten Hintergrund.

Für seine Verdienste wurde er mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Preis der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Chirurgie an der Universität Greifswald und Rostock, mit der Medaille für treue Dienste im Gesundheits- und Sozialwesen in Gold, zweimal mit dem Tiburtius-Preis des Medizinischen Gesundheitszentrums Stralsund, 2003 mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und 2012 ehrte ihn die deutsche Ärzteschaft mit ihrer höchsten Auszeichnung, mit der Paracelsus-Medaille.

Der am 6 Oktober 1935 in Königsberg/Ostpreußen Geborene musste seine angestammte Heimat infolge Kriegseinwirkungen mit der Familie verlassen. Das hat den Flüchtlingsjungen geprägt. Er kam nach Plau in Mecklenburg, später nach Quedlinburg, legte dort 1953 das Abitur am Humanistischen Gymnasium ab, studierte in Jena und Leipzig Medizin und ging nach dem Staatsexamen nach Halle an die Universitätsklinik. Promotion 1959. Ab November 1960 absolvierte er eine sechsmonatige Volontärzeit am Radcliff Infirmary in Oxford, beendete 1965 in der Chirurgischen Klinik Stralsund seine Ausbildung zum Facharzt für Chirurgie, war 1967 Oberarzt im Bezirkskrankenhaus Stralsund, erwarb 1969 den Facharzt für Kinderchirurgie und widmete sich von da an der Kinderchirurgie. Sein Wirken ging in fachlicher und moralischer Hinsicht über die dem Fach gebührende Pflichten weit hinaus.

2000 schied Winrich Mothes als Chefarzt aus dem aktiven Berufsleben und übergab seinem Nachfolger eine Klinik mit angesehenem Ruf.

Der Weggefährte, geistig rege und beweglich, mit seiner Frau seit 1961 verheiratet, lebt in seiner zweiten Heimat, in Schwerin. Immer noch ist er aktiv in die Ausschuss- und Vorstandsarbeit der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern eingebunden und „genießt bei seinen Kollegen hohes Ansehen – nicht zuletzt, weil er ein Mensch ist, der zu seinen Überzeugungen steht, auch wenn diese unbequem sind“, schloss der Präsident der Bundesärztekammer die Laudatio anlässlich der Verleihung der Paracelsusmedaille auf dem 115. Deutschen Ärztetag in Nürnberg am 22. Mai 2012.    

Kranke Kinder zu heilen, war sein Ziel, sich berufspolitisch einzubringen, zeithistorische Notwendigkeit. Danke und herzliche Glückwünsche zum 80. Geburtstag dem ehemaligen Präsidenten der ersten gesamtdeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie.

Kurt Gdanietz