Kinderchirurgen: Fehlbildungen bei Neugeborenen frühzeitig und sicher operieren

Berlin, Mai 2012 – Eins von 2500 Kindern kommt mit einer angeborenen Fehlbildung zur Welt. Fehler an Lunge, Speiseröhre oder Zwerchfell können Kinderchirurgen heute schon kurz nach der Geburt operieren. Um das spätere körperliche Wachstum der Neugeborenen nicht zu stören, eignen sich so genannte Schlüsselloch-Operationen über kleinste Zugänge. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) sieht in diesem minimalinvasiven, für Eingriffe bei Früh- und Neugeborenen innovativen Verfahren eine positive Entwicklung.

In Deutschland kommen etwa 200 Kinder mit einer Lücke im Zwerchfell zur Welt. Durch diese „Hernie“ drängen Organe aus dem Bauch in den Brustkorb und zwängen die Lunge ein. Bei anderen Neugeborenen – einem von etwa 2500 – fehlt die Verbindung von der Speiseröhre zum Magen. Diese sogenannte Ösophagusatresie, Zwerchfellhernien oder beispielsweise auch Lungenfehlbildungen sind heute gut zu operieren sagt Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der DGKCH aus Tübingen: „Hier kann nur eine interdisziplinäre Therapie mit elektiver Operation innerhalb der ersten Lebenstage helfen, denn in den meisten Fällen sind Kinder mit diesen Fehlbildungen nicht lebensfähig.“

Früher mussten Kinderchirurgen dafür die zarten Rippen des Kindes durchtrennen und den Brustkorb öffnen, um an die Organe zu gelangen. Inzwischen operieren viele Kinderchirurgen minimalinvasiv. Die Ärzte arbeiten hier mit winzigen Instrumenten: An drei Stellen führen sie über Einstiche kleine Röhrchen, sogenannte Trokare, in den Brustkorb ein. Durch ein Trokar legen sie eine kleine Kamera, durch die anderen beiden die Operationsinstrumente. „Minimalinvasive Eingriffe sind technisch schwierig“, erläutert Fuchs, der Direktor der kinderchirurgischen Universitätsklinik in Tübingen ist: „Sie dauern deshalb in der Regel zwar länger als eine offene Operation, sind aber mit einer sehr geringen Gewebeschädigung verbunden.“ Die Beatmungszeit nach der Operation verkürze sich, die Kinder erlitten weniger Schmerzen, und sie könnten schneller aus der Klinik entlassen werden.

Ein wesentlicher Vorteil sind auch die geringen langfristigen Folgen. „Da der knöcherne Brustkorb nicht geöffnet werden muss, kommt es hier später nicht zu Rippenverschmelzungen oder Verkrümmungen der Wirbelsäule“, sagt Professor Fuchs. Nach einer minimal-invasiven Operation im Brustkorb bleibe dagegen außer drei kurzen Narben vom Eingriff nichts zurück.

Anfängliche Skepsis gegenüber dieser thorakoskopischen Chirurgie bei Neugeborenen hat sich gelegt: „Wir haben das Stadium der Machbarkeit längst überwunden“, sagt Fuchs, der vor zehn Jahren die ersten Operationen durchführte. Die Technik habe sich so gut entwickelt, dass Eltern heute in den meisten Fällen sehr zuversichtlich sein könnten. „Auch Lungenfehlbildungen und selbst Defekte an der Luftröhre beheben wir heute mit guten Erfolgsaussichten thorakoskopisch“, berichtete Professor Fuchs im Rahmen des 129. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Entscheidend sei dabei, dass erfahrenen Kinderchirurgen die Eingriffe durchführen.


Literatur:

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Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie

Gegründet im Jahr 1963, schafft die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie(DGKCH) bis heute Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland. Dazu gehören Neugeborenenchirurgie, allgemeine Kinderchirurgie und Kindertraumatologie ebenso wie Kinderurologie. Die DGKCH vertritt das Fach in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Derzeit praktizieren hierzulande Fachärzte für Kinderchirurgie in mehr als 80 kinderchirurgischen Kliniken und Abteilungen. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurgen. Denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.

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