Stellungnahme der DGKCH zur Rolle der Kinderchirurgie in der Versorgung der Früh- und Neugeborenen- bzw. Fehlbildungschirurgie
Früh- und Neugeborene und Kinder mit angeborenen Fehlbildungen haben wie alle Kinder gemäß WHO Art. 24 einen Anspruch auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit, d.h. auf eine kindgerechte Betreuung durch die entsprechenden spezialisierten Fachgebiete.
Früh- und Neugeborene mit angeborenen Fehlbildungen oder erworbenen Erkrankungen werden in Perinatalzentren betreut. Die Struktur eines Perinatalzentrums ist durch den G-BA geregelt.
Die Kinderchirurgie hat aufgrund der vorhandenen Expertise und der nachgewiesenen Versorgungsqualität sowohl für die Diagnostik als auch für das präoperative, operative und postoperative Management von operationspflichtigen angeborenen Fehlbildungen und erworbenen chirurgischen Erkrankungen von Früh- und Neugeborenen die zentrale Rolle in der Versorgung dieser Kinder inne.
Konsequenterweise muss eine kinderchirurgische Expertise jederzeit für die Versorgung dieser Patienten verfügbar sein (Analogie zum GBA Kinderonkologie).
Diese kinderchirurgische Betreuung muss klar definiert sein und folgende strukturelle Vorgaben für eine qualifizierte Versorgung erfüllen:
- Die Qualifikation der kinderchirurgischen Versorgung erfordert einen Facharztstatus. Die Verfügbarkeit des kinderchirurgischen Facharztes muss 24 Stunden an 365 Tagen betragen. Daraus ergibt sich eine Mindestanzahl von 3 kinderchirurgischen Fachärzten/Innen, die in einer klar definierten Abteilungsstruktur organisiert sein müssen.
- Die kinderchirurgische Versorgung von Früh- und Neugeborenen ist nicht auf die operative Versorgung begrenzt. Kinderchirurgische Expertise bzw. Qualifikation ist im Rahmen der pränatalen Medizin insbesondere bei fetalen Interventionen und bei pränatalen Beratungen erforderlich.
- Die kinderchirurgische Versorgung muss einer geeigneten Qualitätskontrolle unterliegen.
- In einer interdisziplinären Zusammenarbeit mit Geburtshelfern, Kinderärzten (Neonatologen) und Kinderradiologen werden pränatal Fehlbildungen oder andere relevante Entwicklungsstörungen erkannt und die entsprechenden Festlegungen für den weiteren Schwangerschaftsverlauf getroffen. Der Kinderchirurgie kommt eine zentrale Rolle bei den postnatalen Korrekturoperationen zu. Eine adäquate Kooperation mit anderen operativen Fächern wie Neurochirurgie, Kinderherzchirurgie, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie muss durchgehend gewährleistet sein.
- Neben der eigentlichen Krankenversorgung muss die Kinderchirurgie im Perinatalzentrum ihre Aufgaben in der Weiterbildung des qualifizierten Nachwuchses wahrnehmen. Die vollständige Weiterbildungsbefugnis des leitenden Kinderchirurgen muss vorliegen. Diese Maßnahmen dienen der Erhaltung der Expertise in der Versorgung dieser Patienten.
- Strukturell muss für eine adäquate kinderchirurgische Versorgung der betroffenen Kinder eine entsprechende kinderradiologische und kinderanästhesiologische Expertise an den Perinatalzentren vorgehalten werden.
Insgesamt gilt festzustellen, dass die kinderchirurgische Versorgung von Früh- und Neugeborenen durch eine entsprechend qualifizierte und strukturierte Abteilung für Kinderchirurgie zu gewährleisten ist.
Arbeitsgruppe:
Fr. Dr. Degenhardt
Prof. Fuchs
Prof. Tillig
Prof. Boemers
Prof. Wessel
Prof. Rolle