Dissertationen und Habilitationen

2004
  • Habilitation
Die Bedeutung der pränatalen Erkennbarkeit obstruktiver Harnwegsfehlbildungen für Diagnostik, Therapie und Prognose aus kinderchirurgischer Sicht
Eckoldt, Felicitas
Charité Berlin
Einleitung: Fehlbildungen der Nieren und ableitenden Harnwege gehören zu den häufigsten angeborenen Anomalien. Ihr Anteil an den pränatal diagnostizierten Fehlbildungen wird mit bis zu 50% angegeben. Die Behandlung urogenitaler Fehlbildungen hat sich nicht zuletzt unter dem Einfluss der Pränatalen Diagnostik erheblich gewandelt. Nach einer Phase der Übertherapie nach Einführung der pränatalen Diagnostik ergab sich nach modernen diagnostischen Kriterien und im Ergebnis von Langzeitstudien des natürlichen Ganges der Fehlbildungen eine wesentlich differenziertere Indikationsstellung für das aktive therapeutische Vorgehen Fragestellung: In der retro- und prospektiv angelegten Studie sollte untersucht werden, inwieweit die pränatale Diagnostik das postnatale Vorgehen beeinflusst. So sollte untersucht werden, aus welchen pränatalen Befunden welche pränatalen Verdachtsdiagnosen gestellt wurden und wie sich diese zu den definitiven postnatalen Diagnosen verhalten. Des weiteren sollte der Aussagewert einzelner pränataler Befunde herausgearbeitet werden. Besondere Beachtung sollte dabei die Frage finden, inwieweit aus den pränatalen Befunden eine Aussage über die postnatale Therapiebedürftigkeit und schließlich auch für die Prognose der Nierenfunktion möglich ist. Patienten und Methoden: Ausgangspunkt waren 21.616 in der Abteilung für pränatale Diagnostik und Therapie in der Zeit von 1984 bis 1996 untersuchte Schwangerschaften. Unter diesen fanden sich 1.574 Feten mit angeborenen Anomalien mit fraglich kinderchirurgischer Relevanz. 1077 Fälle konnten ausgewertet werden. Mit 990 Fällen dominierten die Fehlbildungen des Urogenitalsystems, von denen 693 in die komplette Analyse mit einbezogen werden konnten. Ergebnisse: Bei 7,28% aller untersuchten Feten fanden sich Organfehlbildungen außerhalb des Zentralnervensystems. Unter diesen dominierten Harntraktfehlbildungen mit 63%. Als häufigste Diagnose wurde pränatal eine "Hydronephrose" angegeben. Dieser Begriff umschreibt jedoch in dem hier verwandten Sinne eine Harntransportstörung jeglicher Ursache. Echte Diagnosen obstruktiver Uropathien wurden lediglich zu 30% in den einzelnen Gruppen gestellt. Die pränatalen Verdachtsdiagnosen bestätigen sich zu zwischen 80 und 90% wenn: - eine isolierte Hydronephrose mit einem Nierenbeckendurchmesser von über 10 mm als Ureterabgangsstenose befundet wurde - die typische Konfiguration einer Multizystischen Nierendysplasie gefunden wurde - aus der Kombination von Oligohydramnion, Megazystis und bilateraler Harntransportstörung des männlichen Feten auf Urethralklappen geschlossen wurde. Lediglich bei der unilateralen multizystischen Nierendysplasie und der subpelvinen Obstruktion wird im pränatalen Befund bezüglich der definitiven Diagnose eine akzeptable Sensitivität und Spezifität erreicht. Alle anderen Diagnosen werden zu 70% postnatal gestellt. Der Einfluss der pränatalen Diagnostik auf das postnatale Management bezieht sich in erster Linie auf die Aufdeckung vorerst symptomloser Fehlbildungen. Eine pränatale Aussage über die zu erwartende Nierenfunktion ist bei einseitigen Fehlbildungen derzeit nicht möglich. Zusammenfassung: Obstruktive Uropathien sind häufige, zumeist benigne Fehlbildungen. Sie sind der pränatalen Diagnostik gut zugänglich. Konkrete Diagnosen mit Aussagen zur postnatalen therapeutischen Relevanz können jedoch nur gestellt werden, wenn sonografisch pathognomonische Konstellationen dies ermöglichen. In allen anderen Fällen muss die pränatal beschriebene Auffälligkeit Anlass zu postnataler sorgfältiger Diagnostik sein, um im präsymptomatischen Intervall die Entscheidung zu konservativer oder operativer Therapie stellen zu können.