Mehrfach behinderte Kinder richtig behandeln

Berlin/München, 14. September 2019 – Die Kinderchirurgie als operative Kindermedizin ist hierbei ein unverzichtbarer Partner, da einige Beeinträchtigungen des mehrfach behinderten Kindes ausschließlich chirurgisch zu versorgen sind.

Dazu gehören angeborene oder erworbene Fehlbildungen des Gehirns, die zu Störungen der Zirkulation des Hirnwassers führen. So kann es zum Beispiel durch Hirnblutungen im Rahmen der Frühgeburtlichkeit oder durch angeborene Verengungen kleinster Kanälchen im Hirnkammersystem zu einem Aufstau des Hirnwassers kommen mit der Folge einer Erweiterung der Hirnkammern, eines sogenannten „Wasserkopfes“. Um Druckschädigungen des empfindlichen kindlichen Gehirns zu vermeiden, sind Ableitungen des Hirnwassers über ein Schlauchsystem in die Bauchhöhle oder in das Blutkreislaufsystem erforderlich. 

Aber auch bei angeborenen oder erworbenen Störungen des Schluckens bzw. des weiteren Nahrungstransportes ist in bestimmten Fällen eine Operation unvermeidlich. Sind Kinder nicht im Stande, die angebotene Nahrung zu schlucken, muss diese auf direktem Wege in den Magen befördert werden. Eine so genannte „Gastrostomie“ kann endoskopisch eingebracht werden; in einigen Fällen ist dies aufgrund von Verwachsungen im Bauchraum oder wegen anderer angeborener Fehlbildungen nicht möglich, so dass die Gastrostomie durch eine Operation angelegt werden muss.

Ein häufiges Problem bei mehrfach behinderten Patienten ist der Rückfluss der Nahrung aus dem Magen in die Speiseröhre mit der Folge von äußerst schmerzhaften Entzündungen der Speiseröhrenschleimhaut durch den Kontakt mit der aggressiven Magensäure. Darüber hinaus kann der Rückfluss der Magensäure zusätzlich die Luftröhre und das Bronchialsystem schädigen. Oft lässt sich ein solcher Rückfluss oder „Reflux“ von saurem Mageninhalt nicht ausreichend medikamentös behandeln, so dass ein chirurgischer Eingriff - meist minimal invasiv - zur anatomischen Rekonstruktion des Übergangs von Speiseröhre in den Magen erforderlich wird.

Ein bedrohliches Problem sind Atemstörungen durch Fehlbildungen bzw. Einengungen der oberen Luftwege, so dass als letzte Therapiemöglichkeit ein direkter Zugang zur Luftröhre – ein sogenanntes „Tracheostoma“ – als vorübergehende oder auch endgültige Maßnahme unvermeidbar ist. Der Patient kann damit über eine Kanüle atmen bzw. beatmet werden. Durch Fehlhaltung zum Beispiel durch ungleichmäßigen Muskeltonus kann es bei behinderten Patienten zu erheblichen und teilweise überaus schmerzhaften Fehlstellungen des Skelettsystems kommen, so dass operative Korrekturen durch Kinderchirurgen oder Kinderorthopäden unvermeidbar sind.

All diese Beispiele verdeutlichen den Stellenwert und den vielschichtigen Anspruch an die Kinderchirurgie in der Betreuung mehrfach behinderter Kinder.

Professor Dr. med. Bernd Tillig
Ehemaliger Präsident
Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Direktor der Klinik für Kinder- und Neugeborenenchirurgie und Kinderurologie, Vivantes Klinikum Neukölln, Berlin

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie

Gegründet im Jahr 1963, schafft die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) bis heute Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland. Dazu gehören Neugeborenenchirurgie, allgemeine Kinderchirurgie und Kindertraumatologie ebenso wie Kinderurologie. Die DGKCH vertritt das Fach in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Derzeit praktizieren hierzulande Fachärzte für Kinderchirurgie in mehr als 80 kinderchirurgischen Kliniken, Abteilungen und als Niedergelassene. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurgen. Denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen. 

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